29. October 2016 · Categories: Politics · Tags:

Mit den Stimmenverlusten der großen Koalition werden Überhangmandate im Deutschen Bundestag immer wahrscheinlicher. Ich denke, es ist daher an der Zeit, einen grundsätzlich neuen Ansatz zur Bundestagswahl einzuschlagen, um die Notwendigkeit von solchen Mandaten zu beseitigen. Das Ziel sollte es bleiben, direkt gewählte Abgeordnete mit einem Verhältniswahlrecht zu verknüpfen. Zusätzlich ist es wünschenswert, dass mehr Stimmen für eine Partei auch immer mehr Abgeordnete zur Folge haben. Ich schlage daher vor, dass wir folgendes tun:

  • Landeslisten bleiben erhalten

  • Wir verringern die Anzahl der Wahlkreise auf 199, jeder Kreis stellt einen direkten Abgeordneten und zwei über die Landeslisten

  • Für jeden direkt gewählten Abgeordneten verliert dessen Partei die entsprechende Anzahl Stimmen für die Landeslisten. Sollten dann keine Stimmen mehr übrig bleiben, wird die Partei bei den Landeslisten nicht berücksichtigt

Im Detail wäre dies dann folgendes:

Verteilung der Wahlkreise Die Wahlkreise werden auf die Bundesländer gemäß deren Einwohnerzahlen verteilt. In einem ersten Schritt berechnen wir dies rein proportional, jedes Land hat dann Anspruch auf x,y Wahlkreise, x ganze, und einen 0,y fraktionellen Anteil. Wir verteilen wir die Teilkreise dann, indem wir für jedes Land den Bruch 0,y/min(1, x,y) bilden, und den Ländern dann absteigend die verbleibenden Kreise zuordnen. Dies führt zu einer leichten Überrepräsentation kleiner Länder, was aufgrund deren geringerem politischen Gewichts unproblematisch sein sollte.

5% Hürde Die Hürde wird reformiert, indem die Grenze auf 5% der Listenstimmen in Bundesländern, welche mindestens 25% der Gesamtbevölkerung ausmachen, gesetzt wird. Dies erlaubt mehr regionale Vielfalt, und stellt sicher, dass die CSU eine eigene Partei bleiben kann. Zugleich bleibt da eine ausreichende Grenze, um eine zu große Zersplitterung der Parteien zu unterbinden.

Direktmandate Direkt werden Abgeordnete mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt. Da die direkten Kandidaten nur noch 1/3 der Abgeordneten stellen, ist es vertretbar, dass wir keinen Ausgleich mehr vornehmen, da dies nur bei weniger als 33% der Listenstimmen und zugleich allen Direktmandaten notwendig wäre. Bei einem derart gesplittetem Ergebnis wäre eine gewisse Bevorzugung großer Parteien im Interesse einer stabilen Regierungsbildung wünschenswert.

Listenmandate Um die Verteilung der Listenmandate festzustellen, ziehen wir den Parteien Stimmen entsprechend ihren gewonnen Direktmandaten ab. Zuerst werden die Stimmen für Parteien, welche die Hürde nicht geschafft haben, abgezogen, wodurch n Stimmen übrig bleiben. Bei k Kreisen werden dann den Parteien für jedes errungene Direktmandat n/3k Stimmen abgezogen. Danach scheiden Parteien mit einer negativen Stimmenzahl aus, und die Listenmandate werden auf dieselbe Art wie die Wahlkreise verteilt, gemäß den Brüchen 0,y/x,y. Dies bevorteilt kleine Parteien und solche mit vielen Direktmandaten. Ich denke hierdurch kommt es zu einem guten Kompromiss zwischen Meinungsvielfalt und stabilen Mehrheiten.

Alternativstimmen Um auch den Wählern, die eigentlich einen gescheiterten Kandidaten vorziehen, eine bessere Mitsprache zu erlauben, können wir die Wähler Alternativen benennen lassen, die bei einem Scheitern ihrer ersten Wahl zum Zuge kommen sollen. Bei den Listen: Eine Alternative, alle Parteien unterhalb der Hürde scheiden aus, und die Stimmen werden auf die Alternativen verteilt. Bei den Kandidaten: eine Alternative, die zwischen 1 und 4 Stimmen erhalten kann. Die Erste Wahl erhält immer 4 Stimmen. Die Kandidaten scheiden nach steigenden Erstwahlstimmen aus, worauf dann deren Alternativstimmen verteilt werden. Sollte es Kandidaten geben, die mindestens 50% Zustimmung aus Erst- und Alternativstimmen erhalten, scheiden alle anderen sofort aus.

Nun könnte man natürlich versuchen, seine Partei aufzuspalten, eine direkte und eine für die Liste, so dass die Direktkandidaten keinen Einfluß mehr auf die Listenstimmen hätten. Zum einen stünde ein solcher Weg natürlich auch der Konkurrenz offen, zum anderen könnte man das gleiche heute schon mit einer Reihe “unabhängiger” Kandidaten erreichen. Ich denke, dass die dabei auftretenden Überzeugungsprobleme schon abschreckend wirken. Wenn man dann auch noch mit einer Landesliste antreten muss, will man mehr als einen Direktkandidaten nominieren, denke ich nicht, dass sich solche Tricks durchsetzen lassen.